Ich hab noch nie…
… eine Waffe gegen einen Menschen gerichtet. Und gerade als ich das denke wird mir bewusst, dass es eigentlich gar keine richtige Waffe ist. Es ist ein Brieföffner. Und es ist auch nicht nur eine Person, auf die ich ziele. Es sind zwei. Mit zittriger Hand richte ich das Werkzeug, das gerade noch auf dem Küchentisch lag, abwechselnd mal auf sie, die sich wimmernd unter ihre Bettdecke verkrochen hat, und mal auf ihn, der nun hektisch in seine Boxershorts klettert. Es wirkt umso erbärmlicher, weil er sie auf links überstreift. Während er mich zu beschwichtigen versucht, wobei er die Arme wie ein Prediger auf und ab bewegt, zappelt der Waschzettel im Takt mit.
Doch ich höre nur das Wummern in meinem Kopf, in dem sich alles wie ein Mantra wiederholt.
Mit ihr sei nun endgültig alles aus, hatte er gestern noch gesagt. Er habe ihr deutlich gemacht, dass es vorbei sein müsse und er ihr Geld nicht mehr wolle. Er wäre nun unabhängig. Er meinte noch, wir sollten ein Picknick machen, um seine neue Freiheit und unsere Liebe zu feiern.
Die Zutaten für unseren Ausflug hatte ich gepackt und war gleich am Morgen zu ihm aufgebrochen. Doch er war nicht zu Hause. Es war ein Gefühl, als ob sich ein Schraubstock um mein Herz legen würde, als mir bewusstwurde, dass er die Nacht wieder bei ihr verbracht hatte.
Jetzt lag der Picknick-Korb in ihrem Hausflur. Ich hatte ihn fallen lassen, als er mir, nur mit einem Handtuch um die Hüfte, geöffnet hatte. Ich weiß noch, dass ich ihn heftig in die Wohnung stieß. Auf dem Weg ins Schlafzimmer hatte ich nach dem Erstbesten gegriffen, dass mir eine Hilfe in meiner Raserei sein würde. Ich brüllte. Vor meinen Augen flackerte es rot und schwarz, dazwischen sah ich nur Fragmente der Fratzen der in flagranti Ertappten.
Ich sehe keinen Ausweg mehr, mache einen Schritt vor und steche zu.
Ich hab noch nie so viel Blut gesehen. Es ist warm und es klebt. Ich glaube der Brieföffner steckt noch in meinem Hals, aber ich weiß es nicht. Dann folgt erlösende Schwärze.